Baumwipfel, durch die eine Windmühle lugt – der Blick aus der Firmenzentrale der Bremer Transport Overseas (TO) Group in der fünften Etage auf die Wallanlagen ist schwer zu toppen. Außerdem sind hier auf der Altstadtinsel zwischen Stadtgraben und Weser die Wege kurz. „Viele Reeder und Kunden haben ihre Büros in der Innenstadt“, bringt Christian Weber den Standortvorteil auf den Punkt. Der 43-Jährige ist seit drei Jahren Geschäftsführer von Transport Overseas Shipping, der Schiffsmakler- und Linienagentur-Tochter. Am 1. April wurde er zusätzlich Geschäftsführer der Logistiktochter Transport Overseas Logistics sowie Chief Commercial Officer (CCO) der kompletten Gruppe. Es ist nicht die einzige Veränderung in der Unternehmensführung. Der Hintergrund: TO hat zuletzt stark expandiert.

„Wir sind extrem gewachsen. Vor vier Jahren waren wir zu sechst, jetzt haben wir knapp 40 Mitarbeitende an fünf Standorten“, so Weber zur Reorganisation in der Geschäftsleitung. Ebenfalls zum 1. April wurde etwa Sören Hosang zum Finanzchef berufen. Firmengründer Tim Oltmann (37) hat sich derweil aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, um die strategische Unternehmensentwicklung „aus der Vogelperspektive besser betrachten zu können“, sagt Weber.

 

AUS DER SCHIFFFAHRT IN DIE LOGISTIK

Die Wurzeln der Gruppe liegen im Schiffsmaklerbereich: „Das ist vom ersten Tag an unsere Passion gewesen, aber inzwischen haben alle Reeder eigene Dependancen in Bremen und können direkt buchen“, beschreibt Weber den Wandel. Wie viele seiner Team-Kollegen verfügt der Absolvent der Deutschen Außenhandels- und Verkehrs-Akademie Bremen über Spezial-Know-how in der Nische Automobillogistik/RoRo/Schiffmakler und ist bestens vernetzt durch frühere Jobs, unter anderem bei BLG Logistics und Höegh Autoliners. Er weiß: „Dieser Markt ist für uns endlich.“

„Weitaus größeres Wachstum“ als TO Shipping verzeichnet dem CCO zufolge seit einigen Jahren TO Logistics. Als Generalagent der staatlichen saudi-arabischen Reederei Bahri in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Polen hat TO auf Kundenwunsch einen eigenen Logistikbereich aufgebaut. Sebastian Kozak (38), der 2015 als Prokurist im Unternehmen anfing, entwickelte schrittweise die Projektlogistik von Tür zu Tür inklusive multimodaler Transporte und Lagerhaltung/Distribution. „Die Expansion ist dadurch bedingt, dass wir alles aus einer Hand anbieten. Wir sehen unheimlich stark, dass der Kunde das jetzt anfragt“, sagt Weber. Das reiche von der Werksabholung über Landtransporte, den Umschlag am Terminal bis zu „eigenem RoRo-Schiffsplatz, der uns vertraglich zugesichert ist“.

Eine neue Doppelspitze unterstreicht die strategische Bedeutung von TO Logistics – Kozak ist dort neben Weber seit dem Frühjahr Geschäftsführer. „Wir machen die Inlandslogistik für TO Shipping. Das ist das Trucking der RoRo-Einheiten, aber wir haben auch einen eigenen Markt für Containerschifffahrt in der Logistik“, sagt Kozak. Dieses Zusatzgeschäft von Projektkunden sei auf „knapp 4.000 Container im Jahr“ gewachsen: „Wir haben seit zwei Jahren viele Container nach USA/Kanada.“ Nicht zuletzt durch die stark gestiegenen Container-Frachtraten trage TO Logistics inzwischen 70 Prozent zum Umsatz bei, TO Shipping 30 Prozent.

Die Gruppe beschäftigt Branchenexperten wie Schifffahrts- und Speditionskaufleute für Import und Export sowie Disponenten für Lkw-Transporte. Dienstleistungen für Luftfracht oder Warehousing gehören nicht zum Kerngeschäft und werden bei Bedarf von Dritten eingekauft. „Wir sind extrem gut vernetzt in Bremen“, betont Weber. Zwecks Nähe zu Politik, Verbänden sowie großen Automobilzulieferern gibt es zudem seit 2020 ein Berliner Büro – „weil wir im Logistikbereich auch sehr viel über Land abbilden“, so der CCO.

 

BÜROS IN BALD FÜNF LÄNDERN

International ist der unabhängige Bremer Schiffsmakler seit 2019 in Dubai und Antwerpen sowie seit 2021 in Bilbao und Stettin vertreten. Das erste Auslandsbüro mit inzwischen drei Mitarbeitenden sei im Nahen Osten entstanden, „weil wir die saudische Staatsreederei repräsentieren“, sagt Weber. Bahri habe in Dubai eine Niederlassung, außerdem ist an dem regionalen Hub laut Kozak „eine große und gute Kundenbasis“ herangewachsen. Mitte Juli holte die Gruppe den bisherigen Vertriebschef bei MAN Truck & Bus Middle East, Richard Hall, an Bord, der das RoRo-Geschäft mit größtenteils neuen Lkw in Nahost/Asien-Pazifik/Afrika weiter ausbauen soll.

Antwerpen sei für den Projektmarkt „vergleichbar mit Bremerhaven“, meint Weber, das Büro kümmere sich „terminalorientiert“ um hafennahe Aktivitäten. „Stettin ist entstanden, weil wir Bahri unter anderem auch in Polen betreuen und dort in der Vergangenheit sehr viele Projekte hatten“, erklärt er. TO Shipping Iberia wiederum agiert als Generalagent in Spanien für Europe Caribbean Line (ECL). Die Reederei bietet einen Liniendienst zwischen Europa, Karibik und Nordküste Südamerikas an, unter anderem für Projektladung und Fahrzeuge.

Seitdem der internationale „Logistikmarkt aus den Fugen“ geraten sei, habe sich Nordamerika „von der Anzahl der Sendungen und der Umsatzsteigerung“ zum größten Wachstumsmarkt entwickelt, sagt Kozak: „Der starke Dollar hat dazu geführt, dass die Amerikaner viel kaufen.“ Über ihr „Cross-Ocean“-Netzwerk verfüge die Gruppe zwar in jedem Land über Partner, aber angesichts anschwellender Warenströme nach USA/Kanada sei 2023 ein eigenes Büro an der US-Ostküste vorstellbar, beispielsweise in Baltimore (Maryland) oder Norfolk (Virginia).

Und in Deutschland? Dort soll die Firmenzentrale 2024 nach Achim umziehen. Vor den Toren Bremens wird auf 3.000 Quadratmetern fünfmal so viel Bürofläche entstehen. Hoffentlich ist der Blick aus dem Bürofenster dann ähnlich schön wie in der Bremer Innenstadt. (sr)

DIETMAR GRAEBER
Director Group Corporate Communications

Transport Overseas Group GmbH
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